Märkisches Viertel, Berlin
Seit 2008 baut die GESOBAU das Märkische Viertel zu einer
Niedrigenergiesiedlung um. Die Wohnhäuser sind baulich in die Jahre
gekommen und entsprechen nicht mehr den heutigen Anforderungen an
Energieeffizienz. Darüber hinaus verlangen die gesellschaftlichen
Veränderungen – insbesondere die Alterung der Gesellschaft – nach
adäquaten Antworten. Im Interview erläutert Georg Unger, Leiter
Technik der GESOBAU in Berlin, die Maßnahmen und Ziele des
aktuellen Modernisierungskonzepts im Märkischen Viertel.
Herr Unger, bitte beschreiben Sie uns kurz die
Entstehungsgeschichte des Märkischen Viertels.
Im August 1964 bezogen die ersten Mieterinnen und Mieter ihre
Wohnungen im Märkischen Viertel. Am Nordrand (West-)Berlins wollte
die Mauerstadt zeigen, wie die moderne, komfortable Großsiedlung
der Zukunft aussehen sollte. Zwei Dutzend Architekten entwarfen ein
Viertel mit gut 17.000 Wohnungen, das für rund 40.000 Menschen zur
neuen Heimat werden sollte. Moderne Bäder und Küchen, Loggien,
Fernheizung und Aufzugsanlagen gewährleisteten einen Wohnkomfort,
der für die oftmals aus unsanierten Gründerzeithäusern zuziehenden
Bewohner alles andere als selbstverständlich war. Mit rund 15.000
Wohneinheiten gehört der Großteil der Wohnungen im Märkischen
Viertel dem kommunalen Wohnungsunternehmen GESOBAU AG.
Für das Modernisierungskonzept des Märkischen Viertels hat
die GESOBAU den „Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2010“ erhalten. Wie
sieht das energetische Konzept aus?
Fast 50 Jahre nach seiner Errichtung stand die Großwohnsiedlung
Märkisches Viertel vor großen Herausforderungen. Die Wohnhäuser
waren baulich in die Jahre gekommen und entsprachen den heutigen
Anforderungen an Energieeffizienz in keiner Weise. Die GESOBAU
setzt seit 2008 die energetische Modernisierung als Mittel ein, um
ein in jeder Hinsicht zukunftsfähiges Quartier zu schaffen. Dieses
soll hohe ökologische Anforderungen erfüllen, Menschen
unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlicher Lebensverhältnisse
angenehmen Wohnraum bieten und so beweisen, dass Großsiedlungen
auch in Zukunft lebenswert sind. Angestrebt wird dabei nicht ein
Leuchtturmprojekt unter Umsetzung aller denkbaren technischen
Maßnahmen, dass ohne hohen Fördermitteleinsatz nicht realisierbar
wäre, sondern eine realistische, wirtschaftlich darstellbare
Lösung. Prämisse ist hierbei immer, die Balance zwischen sozialen,
ökologischen und wirtschaftlichen Anforderungen zu finden.
Die GESOBAU investiert bis 2015 rund eine halbe Milliarde Euro in
die Modernisierung des Viertels. Mit welchen Maßnahmen verbessern
Sie den Wohnkomfort der Bewohner?
Die Fassaden erhalten eine Wärmedämmung, die Fenster werden durch
moderne verglaste Isolierglaskunststofffenster ausgetauscht und die
Heizungsanlage erneuert und durch intelligente Technik optimiert.
Vor allem im Elektrobereich, Sanitärbereich und Lüftungsbereich
werden funktionale Verbesserungen vorgenommen.
Vereinzelt werden auch Grundrissänderungen umgesetzt. Speziell für
Mieter jenseits der 50 und für jene mit körperlichen Handicap hat
die GESOBAU im Zuge der Modernisierung Wohnungen barrierearm
umgebaut: Bodengleiche Duschen etwa sorgen dafür, dass man auch mit
Gehhilfe direkt und ungehindert in die Dusche gelangt. Haltegriffe
und Sitzgelegenheiten geben Sicherheit. Angehobene Balkonböden
verringern die Brüstungshöhe, damit auch der Blick über die
Blumenkästen aus dem Rollstuhl möglich ist. Und abgesenkte
Schwellen der Balkontür sorgen dafür, dass man leichter auf den
Balkon gelangt. Im Zuge der Modernisierung wurden
Erdgeschossbereiche neu geordnet und an heutige soziale und
ökologische Bedarfe angepasst. So wurden etwa die
Müllabwurfschächte geschlossen und neue Müllräume in den Gebäuden
errichtet, die eine zeitgemäße Wertstofftrennung ermöglichen.
Außerdem wurden verschließbare Abstellräume für Kinderwagen,
Fahrräder und Rollatoren bzw. Rollstühle geschaffen. Auch für die
Unterbringungen von Pedelecs und anderen E-Mobilen rüstet die
GESOBAU ihre Gebäude. Die Außenanlagen werden überarbeitet,
einschließlich der Entsiegelung von Teilflächen und zusätzlichen
Begrünungen. Ein Orientierungs- und Sicherheitskonzept mit
Schaffung klarer Wegeführungen und Montage eines
Orientierungssystems sowie Ausleuchtung der Verkehrsachsen wird
ebenfalls umgesetzt.
Welche Zielgruppen sprechen Sie mit den modernisierten
Wohnungen an?
Die Einwohnerschaft im Märkischen Viertel ist sehr vielfältig. Vor
allem werden aber Familien und ältere Menschen als Zielgruppe
angesprochen, die im Märkischen Viertel eine hervorragende
Infrastruktur vorfinden. Wir setzen auch darauf, dass wir mit dem
Produkt „Grünes Wohnen“, nämlich in einer Niedrigenergiesiedlung,
auch solche Nutzergruppen anziehen, die ein ökologisches Gewissen
haben. Hochhäuser bieten eine in vielerlei Hinsicht nachhaltige
Lebensweise, sie stehen für geringen Flächen- und
Ressourcenverbrauch und eine optimale Ausnutzung von technischer
Infrastruktur. Auch dies ist Teil unserer „Story“ für das MV.
Worauf legten Sie bei der Wahl der Ausstattung und der
Materialien besonderen Wert?
Im Sinne der Nachhaltigkeit achten wir auch bei der Auswahl von
Materialien und Ausstattungselementen auf eine gut Qualität und
Langlebigkeit der Produkte. Selbstverständlich muss auch das Preis-
Leistungsverhältnis für uns stimmen, da wir auch nach
wirtschaftlichen Gesichtspunkten handeln.
Herr Unger, vielen Dank für das Gespräch!
- Projekt I Märkisches Viertel, Wohnanlage 907,
Berlin
- Bauherr I GESOBAU AG, Berlin
- Architekten I René Gagès und Volker
Theißen
- Bauzeit I 1965 bis 1968
- Modernisierungszeitraum I 2010 bis 2011
- Anzahl der Wohnungen I 977
- GROHE Produkte I WT Eurostyle, WT Eurosmart
Cosmopolitan, Brause Tempesta
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